Der Mythos vom Steuerparadies: Das Beispiel Hongkong
„Gründen Sie, wo die Steuern am geringsten sind!“ – dieser Satz klingt verlockend und logisch. In Hongkong zahlt Ihre Firma beispielsweise überhaupt keine Steuern auf Gewinne, die außerhalb Hongkongs erzielt werden. Sollten Sie deshalb einfach eine Firma in Hongkong gründen?
Die klare Antwort lautet: Nein. Obwohl der Geschäftsführer und der Gesellschafter einer Hongkong Limited anonymisiert werden können, gelten für das deutsche Finanzamt immer die tatsächlichen Umstände. Der vermeintliche Steuervorteil entpuppt sich schnell als kostspieliger Irrtum.
Automatischer Informationsaustausch: Das Ende der Anonymität
Die Zeiten, in denen Banken in Steuerparadiesen keine Auskünfte herausgaben, sind längst vorbei. Seit 2015 wurde der automatische Informationsaustausch (Common Reporting Standard, CRS) implementiert. Dieser verpflichtet Banken in allen teilnehmenden Ländern, Informationen über Kontoinhaber an das Wohnsitzland des Kunden zu übermitteln – jährlich und ohne Ihr Zutun.
Übermittelte Informationen im Rahmen des CRS:
- Name, Anschrift, Ansässigkeitsstaat, Steueridentifikationsnummer
- Geburtsdatum und Geburtsort des Kontoinhabers
- Kontonummer und Name der Bank
- Guthaben samt Zinsen, Dividenden und sonstigen Einkünften
Dies bedeutet, dass das deutsche Finanzamt Sie zur Nachzahlung aller fälligen Steuern auffordern kann – zuzüglich empfindlicher Säumniszuschläge.
Weitere Probleme am Beispiel einer Hongkong-Limited

Hinzurechnungsbesteuerung
Das deutsche Außensteuergesetz sieht vor, dass Einkünfte einer ausländischen Gesellschaft dem deutschen Gesellschafter hinzugerechnet werden können, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dies gilt insbesondere für passive Einkünfte wie Zinsen oder Lizenzgebühren.
Ort der Geschäftsführung
Entscheidend ist nicht, wo Ihre Firma registriert ist, sondern wo tatsächlich die Geschäftsführung stattfindet. Treffen Sie alle wichtigen Entscheidungen von Deutschland aus, gilt Ihre Firma steuerlich als in Deutschland ansässig – unabhängig vom formalen Firmensitz.
Fehlende Aktivitäten im Ausland
Eine reine „Briefkastenfirma“ ohne echte Geschäftstätigkeit, Personal und Büroräume im Ausland wird vom deutschen Finanzamt nicht anerkannt. Sie müssen nachweisen können, dass Ihr Unternehmen tatsächlich vor Ort aktiv ist.
Fehlendes Doppelbesteuerungsabkommen
Zwischen Deutschland und Hongkong existiert kein Doppelbesteuerungsabkommen. Dies erhöht das Risiko einer doppelten Besteuerung erheblich und macht die steuerliche Situation noch komplexer.
Die Problematik der reinen Gründungsagenturen
Achtung: Eigenverantwortungsprinzip
Viele Gründungsagenturen sehen sich nicht in der Verantwortung, ihre Kunden steuerrechtlich zu beraten. Sie nehmen lediglich die Eintragung vor und stellen Treuhänder. Die steuerlichen Konsequenzen tragen allein Sie als Kunde.
Ein solches Vorgehen mag einige Jahre funktionieren, ist aber rechtlich nicht zulässig. Seit dem automatischen Informationsaustausch hat das Finanzamt genaue Daten über Kontostand und Kontoinhaber. Die Wahrscheinlichkeit einer Entdeckung steigt stetig.
Die Illusion der günstigen Gründung
Eine Firma zu gründen ist in fast allen Ländern dieser Welt sehr einfach und kostengünstig. In den USA gibt es im Bundesstaat Nevada beispielsweise eine „State Filing Fee“ von nur 75 USD. US-Anbieter bieten die Gründung für etwa 250 USD an, inklusive Geschäftssitz und Übermittlung der Firmenunterlagen.
Viele Vermittler kaufen bei diesen Agenturen ein und verkaufen die Leistung für ein Vielfaches weiter. Das Problem: Ein solcher Firmenmantel ist steuerrechtlich nutzlos. Ohne einen realen Geschäftssitz wird diese US-Firma nicht in den USA steuerpflichtig, sondern genau dort, wo tatsächlich die Geschäfte geführt werden – in der Regel in Deutschland.
Die Falle der Scheinrechnungen

Einige Inhaber einer Auslandsfirma halten es für möglich, ihrer deutschen Firma Rechnungen über Beratungsleistungen zu schreiben. So werden schnell einige tausend Euro ins Ausland transferiert, und der Gewinn in Deutschland wird in Höhe dieser Rechnungen verkürzt. Eine solche Gewinnverkürzung ist allerdings nicht zulässig und kann bei einer Betriebsprüfung zu einem bösen Erwachen führen.
„Wie soll das Finanzamt das je erfahren?“ Diese Frage stellen sich viele – und unterschätzen dabei die Prüfmethoden der Finanzbehörden.
Jeder gute Steuerprüfer sieht sich zuerst die größten Ausgaben des zu prüfenden Unternehmens an. Rechnungen aus dem Ausland, die keinen konkreten Zusammenhang zwischen der Betriebstätigkeit und der bezahlten Leistung erkennen lassen, werden besonders gründlich geprüft.
Wie das Finanzamt Briefkastenfirmen entlarvt

Die Finanzbehörden verfügen über effiziente Prüfkriterien zur Identifizierung von Briefkastenfirmen:
- Die Sitzadressen bekannter Gründungsagenturen sind beim Bundeszentralamt für Steuern erfasst
- Die Überprüfung der Firmenadresse gibt dem Steuerprüfer bereits Aufschluss darüber, ob es sich um eine Briefkastengesellschaft handeln könnte
- Spezielle Stellen für Auslandssachverhalte unterstützen die Steuerprüfer bei der Analyse
- Internationale Amtshilfeersuchen ermöglichen den Austausch von Informationen zwischen Steuerbehörden verschiedener Länder
Solche Firmen im Ausland zu gründen ist daher eine große Sorglosigkeit und keine gute unternehmerische Entscheidung.
Legale Wege zur Steueroptimierung

Wie lassen sich legal Steuern sparen? Generell gilt, dass Gelder nur fließen sollten, wenn ein tatsächlicher Leistungsaustausch erfolgt. Nicht nachvollziehbare „Beratungen“ gehören nicht dazu. Eine Firma im Ausland dient nicht dazu, Schwarzgeld anzuhäufen.
Schwarzgeld bringt keinem Unternehmer einen wirklichen Nutzen. Sie können darüber nicht frei verfügen und es in Deutschland nicht ausgeben. Früher oder später müssten Sie es versteuern, um es nutzen zu können.
Echte Substanz statt Briefkastenfirma

Eine Briefkastenfirma bringt nur Probleme. Der einzige legitime Zweck könnte die Sicherung von Vermögen sein – also bereits versteuertes Einkommen. Die Nutzung wäre legal, und das Konto bildet eine Rücklage für den Unternehmer. Etwaige Zinsgewinne müssen allerdings in Deutschland versteuert werden.
Für eine rechtlich anerkannte Auslandsfirma benötigen Sie:
- Angestellte vor Ort
- Geschäftsführer im Land des Sitzes
- Echte Büroräumlichkeiten
- Tatsächliche Geschäftstätigkeit
- Lokale Entscheidungsfindung
- Ordnungsgemäße Buchhaltung
Diese Kriterien belegen einen echten Geschäftsbetrieb, der vom Finanzamt anerkannt wird. Steuerlich bedeutet dies, dass die Unternehmensbesteuerung auf das Sitzland beschränkt ist.
Unternehmenssteuern im Vergleich

Anhand geltender Steuersätze ergeben sich folgende Unterschiede in der Steuerbelastung:
Steuerart | Deutsche GmbH | Malta Limited | Zypern Limited |
Gewerbesteuer | 16,45% (Beispiel Hamburg) | entfällt | entfällt |
Körperschaftssteuer | 15,825% (inkl. Soli) | 5% effektiv | 2,5% (bei Lizenzen) |
Gewinn vor Steuern | 100.000 EUR | 100.000 EUR | 100.000 EUR |
Gewinn nach Steuern | 67.725 EUR | 95.000 EUR | 97.500 EUR |
Ersparnis gegenüber GmbH | – | 27.275 EUR | 29.775 EUR |
Hinzu kommen weiche Faktoren. Das Finanzamt in Zypern benötigt beispielsweise keine Belege für Buchungen über Kreditkarte oder Konto bis 500 EUR. Hier ist nur der Zweck anzugeben. Generell fallen Hinzurechnungsbeträge geringer aus, und alle Betriebsausgaben können vollumfänglich im Jahr des Entstehens geltend gemacht werden.
Wichtig zu beachten:
Diese Steuervorteile gelten nur bei einer tatsächlichen Geschäftstätigkeit im Ausland mit echter Substanz. Eine reine Briefkastenfirma wird vom deutschen Finanzamt nicht anerkannt und kann zu erheblichen Steuernachforderungen führen.
Häufige Fragen zur Firmengründung im Ausland

Kann man als deutscher Staatsbürger eine Firma im Ausland gründen?
Ja, in den meisten Ländern ist es möglich, dass Ausländer ein Unternehmen gründen. Jedoch muss das deutsche Außensteuergesetz beachtet werden, da weltweite Einkünfte dem deutschen Steuerpflichtigen hinzugerechnet werden können. Entscheidend ist nicht die Staatsbürgerschaft, sondern Ihr steuerlicher Wohnsitz und der tatsächliche Ort der Geschäftsführung.
Muss man in dem Land wohnen, in dem man eine Firma gründet?
Nein, Sie können weltweit eine Firma gründen, sofern das entsprechende Land ausländische Eigentümer zulässt. Wichtig ist jedoch, dass die Geschäftsleitung vor Ort erfolgt und eine Betriebsstätte eingerichtet wird. Ohne diese erkennt ein deutsches Finanzamt die Firma nicht an und würde im schlimmsten Fall die Nachzahlung der Körperschafts- und Gewerbesteuern plus Säumniszuschläge verlangen.
Wie verhält es sich mit der Wegzugsbesteuerung?
Wenn Sie als Privatperson Ihren Wohnsitz ins Ausland verlagern und gleichzeitig Anteile an einer deutschen Kapitalgesellschaft halten, greift die Wegzugsbesteuerung. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG wird bei einem Wohnsitzwechsel ins Ausland so getan, als würden Sie Ihre Anteile verkaufen – selbst wenn das in der Realität nicht passiert. Der Gewinn aus diesem „fiktiven Verkauf“ wird besteuert, was zu hohen Steuerforderungen führen kann.
Was ist ein Doppelbesteuerungsabkommen und warum ist es wichtig?
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sind Verträge zwischen zwei Staaten, die regeln, welcher Staat in welchem Umfang das Besteuerungsrecht hat. Sie sollen verhindern, dass Einkünfte sowohl im Quellenstaat als auch im Wohnsitzstaat besteuert werden. Deutschland hat mit über 90 Ländern solche Abkommen geschlossen. Fehlt ein DBA (wie z.B. mit Hongkong), steigt das Risiko einer Doppelbesteuerung erheblich.
Fazit: Rechtssicherheit geht vor Steuerersparnis

Die Gründung einer Firma im Ausland kann durchaus Vorteile bieten – wenn sie korrekt und mit echter Substanz erfolgt. Eine reine Briefkastenfirma oder Scheinrechnungen zur Gewinnverlagerung führen hingegen fast zwangsläufig zu rechtlichen und steuerlichen Problemen.
Entscheidend ist, dass Sie alle rechtlichen und steuerlichen Aspekte vor der Gründung gründlich prüfen und sich von Experten beraten lassen. Eine rechtssichere Auslandsgründung erfordert:
- Echte Geschäftstätigkeit im Ausland
- Reale Betriebsstätte mit Personal
- Lokale Geschäftsführung
- Beachtung des deutschen Außensteuergesetzes
- Korrekte Versteuerung aller Einkünfte
Mit der richtigen Planung und professioneller Beratung können Sie die Vorteile einer Auslandsgründung nutzen, ohne rechtliche Risiken einzugehen. Investieren Sie in Rechtssicherheit – es ist die beste unternehmerische Entscheidung, die Sie treffen können.