Ende 2022 hatte Google intern selbst „code red“ ausgerufen, als ChatGPT startete und das eigene Such- und KI-Modellgeschäft bedrohte. Drei Jahre später haben sich die Rollen umgekehrt: Am 1. Dezember verschickte Sam Altman eine interne Notiz, in der er für OpenAI ebenfalls „code red“ erklärt und andere Projekte zugunsten der ChatGPT-Weiterentwicklung zurückstellt.
In dem Schreiben ist von „externen Bedrohungen“ und der Notwendigkeit die Rede, die Kräfte radikal zu bündeln – eine Wortwahl, die eher nach Krisenmodus als nach normaler Produktplanung klingt.
Gemini 3 Pro und Claude Opus 4.5 setzen neue Maßstäbe
Der Auslöser: eine Doppeloffensive der Konkurrenz innerhalb weniger Tage.
- Am 18. November stellte Google Gemini 3 Pro vor – eine multimodale Modellgeneration, die vor allem beim logischen Denken und in komplexen Szenarien als klarer Sprung nach vorne wahrgenommen wird.
- Am 24. November folgte Claude Opus 4.5 von Anthropic, das auf dem SWE‑bench-Verified‑Benchmark über 80% erreicht und damit als derzeit stärkstes Modell für realistische Programmieraufgaben gilt.
Anthropic positioniert Opus 4.5 explizit als „beste Modellwahl für Coding und Agenten“, während Gemini 3 Pro als universeller Allrounder in Googles Such- und Produktökosystem ausgerollt wird.
ChatGPT verliert kurzfristig die Bühne – Werbung auf Eis
Im Schatten dieser Releases wirkt GPT‑5.1 plötzlich weniger spektakulär, obwohl die Modellreihe technologisch weiter in der Spitzengruppe spielt. In der öffentlichen Wahrnehmung dominiert nun „Gemini vs. Claude“ statt „alle gegen ChatGPT“.
Parallel dazu stand die Einführung von Werbung in ChatGPT schon kurz vor dem Start: Code-Fragmente in der Android-App deuteten auf Search Ads, Carousels und Shopping‑Formate hin. Diese Pläne legt OpenAI nun vorerst auf Eis, weil jede verfügbare Kapazität in Produktqualität, Modell-Iteration und Agenten-Funktionen fließen soll.
Symbolik: Der Angreifer wird zum Verteidiger
Die Situation hat starke Signalwirkung für die Branche. 2022 zwang ChatGPT Google zu einer panikartigen Umorganisation seiner KI‑Strategie, inklusive Bard-Start und massiver Gemini-Offensive. Jetzt befindet sich ausgerechnet OpenAI in der Defensive, während:
- Gemini‑App auf monatlich hunderte Millionen Nutzer kommt und tief in Google Search integriert ist,
- Claude sich als Go‑to‑Modell für komplexes Coding, Agenten und Enterprise‑Anwendungen etabliert.
OpenAI wirkt erstmals nicht wie der unangefochtene Taktgeber, sondern wie ein Player, der auf Moves der Konkurrenz reagieren muss, statt selbst den Takt vorzugeben.
Was das für Nutzer und Unternehmen bedeutet
Für Endnutzer ist der aktuelle „Alarmmodus“ vor allem eines: ein Versprechen auf schnellere Fortschritte bei ChatGPT, etwa bei Zuverlässigkeit, Agenten, Coding und Tools‑Integration. Für Unternehmen verschärft sich der Auswahlprozess – statt eines de‑facto‑Standards gibt es nun drei ernsthafte Spitzenkandidaten mit unterschiedlichen Stärken:
- Gemini (tiefe Google‑Integration und Suche),
- Claude (stark in Code, Analyse, Agenten),
- ChatGPT (Ökosystem, Plugins, Bekanntheit, aber unter Druck zu liefern).
Wie schnell und wie stark OpenAI auf dieses „code red“ reagiert, wird mitentscheiden, ob das Unternehmen die Führung zurückerobert oder sich in einer dauerhaften Verfolgerrolle einrichtet.
- Auf der Sonne spielt sich derzeit ein außergewöhnliches Schauspiel ab - 3. Dezember 2025
- US-Aktienfutures geben nach einer starken Woche leicht nach: Steigende Erwartungen an eine Zinssenkung im Dezember - 3. Dezember 2025
- Auslöser: Japans Zentralbank schreckt die Märkte auf - 3. Dezember 2025