12. November 2025
Photonik am Chip: Deutschlands SmaraQ macht Quantencomputer kompakt

Revolution der Quantenoptik: Deutschlands SmaraQ-Projekt bringt Photonik auf den Chip


Immer winziger, immer präziser – das Streben nach kleineren und zugleich leistungsstärkeren Rechnern treibt die Forschung in der Quantentechnologie voran. Mit dem ambitionierten Projekt SmaraQ startet Deutschland eine neue Ära der Quantencomputer-Entwicklung. Forscher verlagern dabei wesentliche optische Komponenten direkt auf das Herzstück der Geräte: den Chip. Das Ziel ist klar – kompakte, skalierbare und robuste Quantenprozessoren, die den Weg aus dem Labor in die industrielle Anwendung ebnen.

Das Grundproblem der Skalierung

Traditionelle ionenbasierte Quantencomputer setzen massiv auf externe Optik. Jeder Ionenqubit benötigt bislang seinen eigenen, sehr exakt ausgerichteten Laser für Betrieb und Fehlerkorrektur – eine Herausforderung, die mit zunehmender Qubit-Zahl praktisch kaum mehr handhabbar ist. Bei mehreren hundert oder gar tausenden Qubits wächst das optische System ins Gigantische. Einzelne Laserkanäle und kilometerlange Spiegelbänke machen die Technologie für den Masseneinsatz unattraktiv und begrenzen die Skalierbarkeit.

Der innovative Ansatz: Lichtkanäle im Kristall

SmaraQ setzt hier radikal an. Im Fokus steht die Integration von ultrafeinen Wellenleitern und photonischen Komponenten aus speziellen Aluminium-Verbindungen direkt in den Chip. Solche Kanäle – oft tausendmal dünner als ein Haar – lenken ultraviolettes Licht stumpf über das Chip-Design bis zum Zielion. Klassische Optik wird ersetzt durch nanometergenau strukturierte Photonik in der Chiparchitektur, was das Gesamtsystem kleiner, störungsresistenter und serienreifer macht.

Materialwissenschaft als Schlüssel zum Durchbruch

Die Kernidee: Statt Licht mit Linsensystemen durch freien Raum zu führen, wird es präzise in winzigen Wellenleitern aus Aluminium-Nitrid und Aluminiumoxid gebündelt. Diese Technologie erlaubt, die Position des Lichtstrahls zentimetergenau – aber im Maßstab von Nanometern – zu steuern und so die Ionqubits zu adressieren. Mit diesem Ansatz rücken Quantenprozessoren in die Nähe der industriellen Fertigung und können perspektivisch sogar auf klassischen Halbleiterlinien produziert werden.

Das Netzwerk hinter SmaraQ – Kompetenzen und nationale Strategie

Drei deutsche Schlüsselakteure bündeln ihr Wissen, um Photonik auf den Chip zu bringen:

  • QUDORA Technologies GmbH: Konzentriert sich auf die Architektur der Quantenrechner und entwickelt zusammen mit Partnern photonische Steuerstrukturen für ihre NFQC-Technologie. Besonderer Fokus liegt auf höchster Qubit-Kohärenz und präziser Steuerung.
  • Fraunhofer IAF: Schafft mit exzellenten Dünnschichten aus Aluminiumverbindungen die Grundlage für die neuen Wellenleiter und photonischen Bauelemente.
  • AMO GmbH: Führend in der Nano-Lithografie, sorgt sie für die Überführung aller Komponenten in real nutzbare Chipprodukte.

Gemeinsam sichern die Partnerhersteller einen geschlossenen deutschen Lieferweg für zentrale Quantencomputer-Komponenten. Damit entsteht technologische Unabhängigkeit, ein Aspekt, der beim weltweiten Wettlauf um Quanten-Rechenleistung immer wichtiger wird.

Deutschlands Position im globalen Wettbewerb

Die Initiative ist Teil einer breiten Anstrengung Deutschlands und Europas, im Bereich der Quantentechnik nicht nur mitzuforschen, sondern auch Fertigung und Knowhow im eigenen Land/upzuhalten. Unterstützt wird SmaraQ vom deutschen Bundesforschungsministerium und läuft von 2025 bis 2028. Ziel ist ein industriereifer Produktionsprozess für Quantenprozessoren – und damit ein entscheidender Schritt, um die Technik vom Labor in Rechenzentren und Anwendungen zu bringen.

Miniaturisierung: Inspiration durch Natur und Symbolik

Das Projekt SmaraQ wurde nach dem Kolibri benannt – einem Vogel, der für seine Präzision und die Fähigkeit berüchtigt ist, UV-Licht zu sehen. Die Namenswahl symbolisiert die Ambition der Forschenden, mit miniaturisierter Photonik punktgenaue Lichtsteuerung auf kleinstem Raum zu realisieren. Genau das fehlt bislang – und verhindert den Praxiseinsatz.

Expertenstimme: Photonik als logische Entwicklung

Dr. Mike Scheller, Photonik-Spezialist bei QUDORA, unterstreicht gegenüber der Presse: „Die Integration der Optik in den Chip ist der nächste evolutionäre Schritt für ionenbasierte Quantencomputer. Uns gelingt es, Lichtwellenleiter zu entwickeln, die zehntausendmal dünner sind als ein Menschenhaar und zuverlässig jeden einzelnen Qubit erreichen – und noch mehr: Wir können so die Herstellung von Quantenprozessoren mit der konventionellen Halbleiterindustrie verzahnen.“

Vorteile und Herausforderungen der integrierten Photonik

Pro:

  • Platz- und Kostenersparnis durch Wegfall klassischer Kilometer-Optik.
  • Bessere Stabilität und geringere Fehleranfälligkeit der Systeme.
  • Serienproduktion: Potenzial, Quantenprozessoren industriell und in großen Stückzahlen zu fertigen.
  • Technologische Unabhängigkeit und weniger Risiken durch internationale Lieferengpässe.

Contra:

  • Materialherausforderungen: Hochpräzise Dünnschichten sind eine Wissenschaft für sich.
  • Produktionskomplexität: Die Überführung von Labor-Technologie in die Massenfertigung erfordert teures Spezialwissen.
  • Integration in bestehende Infrastrukturen: Rechenzentren müssen auf neue Bauformen und Betriebskonzepte eingestellt werden.

Hintergrund: Was sind ionenbasierte Quantencomputer?

Ionenfallen-Quantencomputer nutzen elektrisch geladene Atome (Ionen) als Informationsspeicher. Ihre Stärke: extrem hohe Präzision und Möglichkeit, komplexe Rechenprobleme dank „Superposition“ und „Verschränkung“ auf eine neue Art zu lösen. Bislang bremsen aufwendige und fehleranfällige Laserkanäle die Ausweitung auf industrielle Anwendungen.

Technologischer Durchbruch durch SmaraQ

Durch die Integration der Optik in den Chip können Hunderte und Tausende von Qubits wesentlich effizienter eingesetzt werden. SmaraQ adressiert genau die Schwachstelle der Skalierung und positioniert Deutschland im internationalen Vergleich an vorderster Front.

Der Weg von der Forschung in die Anwendung

Mit SmaraQ geht Deutschland einen entscheidenden Schritt zur Kommerzialisierung der Quantentechnologie. Die Zusammenführung von Photonik und Halbleitertechnik auf dem Chip macht die nächste Generation von Quantencomputern kompakter, robuster und marktfähig. Wenn das Projekt gelingt, könnte es künftig „fertige“ Quantenprozessoren geben, die in Rechenzentren oder in Echtzeitdiensten eingesetzt werden – ohne die bislang fast unüberwindlichen Barrieren der Optik.

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