Das Kryptojahr 2025 neigt sich dem Ende zu – und immer mehr On-Chain-Daten, Makrofaktoren und Marktstrukturen erinnern verblüffend an die Situation von 2019. Damals hatte Bitcoin sein lokales Hoch bereits hinter sich gelassen, während Altcoins historisch günstig im Verhältnis zu BTC notierten – der Auftakt für eine Phase, in der viele Alts deutlich besser liefen als die größte Kryptowährung.
Mehrere Analysten, darunter CryptoBullet, sehen nun ein sehr ähnliches Setup und sprechen sogar von einem möglichen „Altcoin-Superzyklus“, dessen Vorphase bereits begonnen haben könnte.
In diesem Beitrag geht es darum, warum 2026 gute Chancen hat, zum Jahr der Altcoins zu werden, welche Parallelen es zu 2019 gibt, welche Rolle die Geldpolitik der US-Notenbank spielt und wie sich Anleger strategisch vorbereiten können. Dabei handelt es sich nicht um Anlageberatung, sondern um eine analytische Einordnung von Marktstrukturen und Szenarien.
Rückblick: Wie sah der Markt 2019 aus?
Um zu verstehen, warum viele Experten den aktuellen Markt mit 2019 vergleichen, lohnt ein kurzer Blick zurück. Nach dem brutalen Bärenmarkt 2018 erholte sich Bitcoin von seinen Tiefs und legte bis Mitte 2019 ein starkes Rally hin. Anschließend konsolidierte der Kurs etwa 30% unter dem lokalen Hoch – die Dynamik war sichtbar gebrochen, doch von einem neuen Bärenmarkt sprach kaum jemand.
Altcoins dagegen waren in dieser Phase stark abverkauft. Gegenüber Bitcoin markierten viele große und mittelgroße Coins mehrjährige Tiefs, während BTC-Dominanz und Kapitalzuflüsse sich vor allem auf die „sichere“ Leitwährung konzentrierten.
In dieser Marktumgebung begann schrittweise eine Rotation: Je länger Bitcoin seitwärts oder leicht abwärts lief, desto eher wagten sich Trader und Investoren wieder in riskantere Altcoin-Positionen – der Startschuss für eine Phase relativer Outperformance vieler Alts im Vergleich zu BTC.
Mehrere Kennzahlen und Chartmuster aus dieser Zeit – etwa die Entwicklung von Altcoin-Dominanz-Indizes – wiederholen sich nun fast spiegelbildlich, was die aktuelle Diskussion um ein „2019-Replay“ befeuert.
OTHERSBTC und Altcoin-Dominanz: Was die Daten sagen
Einer der zentralen Indikatoren in der aktuellen Analyse ist der OTHERSBTC-Index, der die Marktkapitalisierung eines breiten Korbs von Altcoins ins Verhältnis zum Bitcoin-Kurs setzt.
CryptoBullet weist darauf hin, dass OTHERSBTC mittlerweile vier Jahre in Folge gefallen ist – der längste durchgehende Abwärtstrend dieses Verhältnisses in der bisherigen Krypto-Historie.
Wesentliche Punkte dabei:
- Der Index signalisiert, wie stark oder schwach der „Rest des Marktes“ gegenüber Bitcoin bewertet ist. Ein langer Abwärtstrend deutet darauf hin, dass Kapital vor allem in BTC geflossen ist, während Altcoins sukzessive Marktanteile verloren.
- Laut Charts auf TradingView zeigen sich auf höheren Zeiteinheiten nun Muster, die an Bodenbildungsformationen erinnern – etwa doppelte Böden und positive Divergenzen in klassischen Momentum-Indikatoren.
- Historisch folgten auf solche Phasen häufig Relief-Rallys der Altcoins, in denen OTHERSBTC sich deutlich erholte, während Bitcoin in eine stärkere Korrektur oder längere Seitwärtsphase überging.
Auch andere Metriken, wie Altcoin-Dominanz-Anteile (OTHERS.D) oder BTC-Dominanz, deuten darauf hin, dass Bitcoin seit dem Zyklushoch an relativer Stärke einbüßen könnte, während der „Restmarkt“ statistisch gesehen eher am unteren Ende seines Bewertungsbandes notiert.
Makro-Faktor: Das Ende von QT als Gamechanger
Parallel zu diesen on-chain- und marktinternen Signalen verschiebt sich das makroökonomische Umfeld. Die US-Notenbank Federal Reserve hat angekündigt, ihr Programm der quantitativen Straffung (Quantitative Tightening, QT) zum 1. Dezember 2025 zu beenden.
Während QT wurden über mehrere Jahre hinweg Staatsanleihen und andere Vermögenswerte von der Fed-Bilanz abgebaut, was real der Entzug von Liquidität aus den Finanzmärkten entspricht – ein Umfeld, in dem riskante Assets wie Krypto es traditionell schwer haben.
Mit dem Ende von QT kehrt sich dieser Effekt um:
- Die Balance-Sheet-Reduktion stoppt; zusätzliche Liquidität kann wieder in den Markt fließen.
- Bereits kleine Netto-Liquiditätszuflüsse können starke Wirkung zeigen, wenn Anleger ohnehin auf einen „Risk-On“-Umschwung warten.
- Historische Betrachtungen legen nahe, dass das Ende von Straffungsphasen häufig mit starken Performancephasen von Aktien und Krypto korreliert, weil sich Kapital von Geldmärkten und Anleihen in risikoreichere Bereiche bewegt.
CryptoBullet zieht hier die direkte Parallele: Auch 2019 fiel der Wendepunkt bei OTHERSBTC zeitlich eng mit einer Lockerung der Fed-Politik zusammen. Die nun anstehende Beendigung von QT Ende 2025 könnte also erneut der Funke sein, der eine Rotation in Altcoins anstößt – mit voller Wirkung dann im Jahr 2026.
Was ist eigentlich eine Altseason?
Bevor es in Szenarien geht, lohnt eine saubere Begriffsdefinition. Als „Altseason“ oder Altcoin-Season wird eine Marktphase bezeichnet, in der Altcoins als Gruppe Bitcoin deutlich outperformen – entweder in absoluten Gewinnen oder zumindest relativ zu BTC.
Typische Merkmale einer Altseason:
- Die BTC-Dominanz fällt, während die Marktkapitalisierung von Altcoins schneller wächst.
- Viele große und mittelgroße Projekte erreichen oder überschreiten frühere Allzeithochs, während Bitcoin bereits konsolidiert.
- Kapital rotiert sichtbar von BTC (und teilweise auch von Ethereum) in kleinere, volatilere Coins, häufig begleitet von verstärkter Retail-Spekulation.
Wichtig: Nicht jede Alt-Phase ist eine „Full-Blown-Altseason“. Oft gibt es kleinere Zyklen („Mini-Altseasons“), in denen Alts für einige Wochen oder Monate besser laufen, bevor Bitcoin wieder das Steuer übernimmt.
Genau eine solche Mini-Altseason erwartet CryptoBullet für die nächsten zwei bis drei Monate nach Ende 2025 – als Vorbote eines größeren Zyklus, der erst 2027–2029 seine volle Parabolik entfalten könnte.
Szenario 2026: Bitcoin-Korrektur, Altcoin-Relief
Die zentrale These: Der aktuelle Zyklusgipfel von Bitcoin ist laut einigen Analysten bereits erreicht, und 2026 könnte überwiegend ein Bären- oder Korrekturjahr für BTC werden.
In einem solchen Umfeld passiert historisch häufig Folgendes:
- Bitcoin verliert Momentum:
Nach einem mehrjährigen Aufwärtstrend ist der Markt gesättigt, viele Gewinne realisiert, und neue Käufer sind zunehmend zurückhaltend. Korrekturen von 50–60% vom Top waren in früheren Zyklen keine Seltenheit. - Liquidität rotiert in Altcoins:
Statt komplett in Fiat oder Stablecoins zu gehen, schichten Teile des Marktes in riskantere, potenziell höher hebelnde Altcoins um. Die Erwartung: Während BTC Seitwärtsphasen oder „Dead Cat Bounces“ zeigt, könnten ausgesuchte Alts überproportional profitieren. - OTHERSBTC erholt sich, obwohl BTCUSD fällt:
Genau dieses Muster war 2019–2020 zu beobachten: OTHERSBTC stieg, obwohl der BTC-Preis in Dollar gleichzeitig korrigierte. Wer in Bitcoin blieb, sah sein Dollar-Portfolio schrumpfen; wer geschickt in starke Altcoins rotierte, konnte die Underperformance zum Teil abfedern oder sogar überkompensieren.
Für 2026 zeichnet CryptoBullet ein ähnliches Bild:
- Ein „nasty BTC correction“ über das Jahr verteilt,
- Eine vorherige, mehrmonatige Erholung der Altcoins relativ zu BTC,
- Und eine echte, brutale „Super-Altseason“ erst im darauffolgenden Hauptzyklus Ende der Dekade.
Chancen und Risiken für Anleger
Eine potenzielle Altcoin-Outperformance klingt verlockend, birgt aber erhebliche Risiken. Historische Daten zeigen zwar, dass Altseasons enorme Renditen bringen können – Kursvervielfacher von 5x, 10x oder mehr waren in früheren Zyklen keine Ausnahme.
Gleichzeitig sind Drawdowns von 80–95% in Bärenphasen bei vielen Alts eher die Regel als die Ausnahme.
Chancen einer 2026-Altphase:
- Günstige Einstiegsverhältnisse gegenüber Bitcoin, falls die aktuellen OTHERSBTC-Tiefs tatsächlich Bodenbildungen markieren.
- Potenzial für Outperformance bei qualitativ hochwertigen Projekten, die fundamental gewachsen sind (Nutzung, TVL, Umsatz, Nutzerbasis), deren Kursentwicklung aber vom BTC-Hype überdeckt wurde.
- Breitere Streuung: Im Gegensatz zu reinen Bitcoin-Portfolios kann eine sorgfältig kuratierte Altcoin-Auswahl unterschiedliche Sektoren (DeFi, L2, Gaming, Infrastruktur) abdecken.
Risiken:
- Ein stärkerer als erwarteter Makro-Schock (z.B. erneute Straffung, harte Rezession, verschärfte Regulierung) könnte den gesamten Risk-On-Komplex belasten – inklusive Altcoins.
- Viele Altcoins sind strukturell schwach, inflationär, zentralisiert oder abhängig von spekulativem Hype; sie können auch in einer Altphase hinter dem Markt zurückbleiben oder komplett verschwinden.
- Zeitliche Fehleinschätzungen: Selbst wenn das große Bild stimmt, können Zwischenrallys und Korrekturen brutale Drawdowns verursachen, wenn Risikomanagement fehlt.
Wie man sich auf ein mögliches Altcoin-Jahr vorbereitet
Wer das 2019-Szenario ernst nimmt und 2026 als potenzielles Altcoin-Jahr betrachtet, kann einige Grundprinzipien in seine Strategie einfließen lassen – immer unter der Prämisse, dass jede Entscheidung eigenverantwortlich bleibt.
1. Fundamentale Filter statt reiner Hype-Jagd
Anstatt blind jedem Hype hinterherzulaufen, lohnt ein Fokus auf:
- Projekte mit realer Nutzung (z.B. Transaktionsvolumen, TVL, Nutzerzahlen).
- Klaren Einnahmemodellen (Fees, Protokollumsatz, nachhaltige Tokenomics).
- Technologischer Relevanz (Infrastruktur, Skalierung, Sicherheitslösungen).
Reports zu Sektor-Rotationen – etwa von Research-Häusern, Börsen oder Derivateplattformen – können helfen, Cluster zu identifizieren, die in früheren Zyklen besonders gut performt haben.
2. BTC- und Dollar-Perspektive kombinieren
Viele Trader schauen nur auf USD-Charts, verpassen aber damit, wie sich ein Coin gegenüber Bitcoin entwickelt.
Sinnvoll ist die parallele Betrachtung von:
- Alt/USD (z.B. ETH/USD, SOL/USD),
- Alt/BTC (z.B. ETH/BTC, SOL/BTC),
- und gegebenenfalls Alt/ETH-Paaren.
Gerade in einer Phase, in der BTC womöglich korrigiert, kann ein Alt zwar in Dollar fallen, aber in BTC steigen – was in einem langfristig BTC-lastigen Portfolio attraktiv sein kann.
3. Staffel-Einstiege und klar definierte Exit-Szenarien
Altcoin-Phasen sind hochvolatil. Statt „All-In“-Einstiegen ist es oft sinnvoller, gestaffelt zu agieren:
- Bereiche definieren, in denen historische Unterstützungen oder Bewertungszonen liegen.
- Kaufzonen in Tranchen nutzen statt mit einem Schlag.
- Bereits vor Einstieg realistische Gewinnziele und Maximalverluste festlegen (z.B. via Stop-Loss oder mentalen Levels).
Auch Teilgewinnmitnahmen auf dem Weg nach oben können helfen, das Risiko zu reduzieren, falls der Markt schneller dreht als erwartet.
Welche Altcoin-Segmente besonders spannend sein könnten
Konkrete Coin-Empfehlungen wären spekulativ, aber bestimmte Sektoren haben in früheren Zyklen überproportional vom „Risk-On“-Shift profitiert.
Dazu zählten unter anderem:
- Layer-1- und Layer-2-Protokolle: Plattformen, die DeFi, NFTs und dApps hosten, profitieren direkt von Aktivitätsanstiegen im Ökosystem.
- DeFi-Protokolle: Börsen, Kreditplattformen, Derivate-Dienste – vor allem, wenn sie reale Fee-Generierung und nachhaltige Tokenmodelle vorweisen können.
- Infrastruktur & Middleware: Oracles, Indexer, Interoperabilitätslösungen, Data-Services, die als „Pick-and-Shovel“-Plays der Kryptoökonomie fungieren.
Die Kunst besteht darin, zwischen überhitzten Narrativen und tatsächlich tragfähigen Modellen zu unterscheiden – ein Grund mehr, fundamentale und technische Analyse zu kombinieren.
Rolle von Stablecoins und Cash-Management
Selbst in einem potenziell altcoinfreundlichen Jahr wie 2026 bleiben Stablecoins ein zentrales Werkzeug für Risikomanagement. Sie ermöglichen:
- Schnelles Umschichten zwischen Sektoren, ohne in Fiat gehen zu müssen.
- Zwischenparken von Gewinnen aus Alt-Rallys, um später günstiger wieder einzusteigen.
- Hedging gegen stärkere Drawdowns, wenn Makro-News oder Regulierungs-Events drohen.
Vor allem in frühen Phasen eines Alt-Zyklus kann ein flexibler Stablecoin-Anteil helfen, nicht jeder kurzfristigen Bewegung hinterherzulaufen, sondern gezielt strategische Setups zu handeln.
Lessons Learned aus früheren Zyklen
Ein Blick auf 2017, 2019–2020 und 2021 zeigt einige wiederkehrende Muster:
- Altcoins beginnen selten alle gleichzeitig zu laufen; Rotation verläuft oft wellenförmig zwischen Large Caps, Mid Caps und Small Caps.
- Späte, extrem parabolische Phasen sind statistisch am riskantesten – die größten prozentualen Gewinne entstehen oft, bevor die breite Öffentlichkeit wieder massiv FOMO entwickelt.
- Projekte ohne Substanz verschwinden meist im darauffolgenden Bärenmarkt, selbst wenn sie kurzfristig extreme Renditen gebracht haben.
Wer 2026 als mögliches „Altcoin-Jahr“ sieht, profitiert daher weniger von blinder Gier und mehr von Disziplin: Timing, Diversifikation, Fundamentalfilter und Risikokontrolle sind wichtiger als der „perfekte“ Coin-Pick.
2026 als Test für die Reife des Marktes
Die Parallelen zu 2019 sind beeindruckend: ein ausgelaugter Bitcoin nach langem Bullenlauf, historisch schwache Altcoins relativ zu BTC, das absehbare Ende von QT und ein wahrscheinlicher Shift hin zu mehr Liquidität und Risikobereitschaft.
Ob 2026 wirklich zum Jahr der Altcoins wird, hängt jedoch nicht nur von Charts und Makro-Signalen ab, sondern auch davon, wie diszipliniert Marktteilnehmer mit Chancen und Risiken umgehen.
Für informierte Anleger eröffnet sich ein spannendes Setup: Wer die historischen Muster ernst nimmt, OTHERSBTC & Co. im Blick behält und gleichzeitig auf solide Fundamentaldaten achtet, könnte in den kommenden Jahren von einer möglichen Neuverteilung der Kräfte zwischen Bitcoin und dem breiten Altcoin-Segment profitieren – ohne den Faktor Risiko zu unterschätzen.