1. Oktober 2025

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) – Vermeidung der Doppelbesteuerung

Ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen zwei Staaten, der festlegt, welcher Staat das Besteuerungsrecht für bestimmte Einkünfte hat. Der Hauptzweck dieser Abkommen ist es, zu verhindern, dass dieselben Einkünfte in beiden Staaten vollständig besteuert werden. Für international tätige Unternehmen, Arbeitnehmer im Ausland und Personen mit Vermögen in mehreren Ländern sind diese Abkommen von entscheidender Bedeutung für ihre Steuerplanung.

Was ist ein Doppelbesteuerungsabkommen?

Grundprinzip eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen zwei Staaten

Ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist ein Vertrag zwischen zwei Staaten, der regelt, welches Land welche Einkünfte eines Steuerpflichtigen besteuern darf. Deutschland hat mit über 90 Ländern weltweit solche Abkommen geschlossen. Die Notwendigkeit für DBAs ergibt sich aus dem Grundprinzip der Besteuerung, dass Personen mit ihrem gesamten Welteinkommen in ihrem Wohnsitzstaat steuerpflichtig sind, während gleichzeitig der Quellenstaat die dort erwirtschafteten Einkünfte besteuern möchte.

Warum sind Doppelbesteuerungsabkommen notwendig?

Ohne Doppelbesteuerungsabkommen würden dieselben Einkünfte in beiden beteiligten Staaten vollständig besteuert werden. Dies führt zu einer wirtschaftlichen Doppelbelastung, die internationale Geschäftsbeziehungen und Mobilität erheblich erschweren würde. DBAs schaffen Rechtssicherheit und verhindern, dass Steuerpflichtige übermäßig belastet werden.

Doppelbesteuerungsabkommen sind nicht nur Instrumente zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, sondern dienen auch der Verhinderung von Steuerhinterziehung durch Regelungen zum Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden.

Grundlagen der Doppelbesteuerung

Wie entsteht eine Doppelbesteuerung?

Eine Doppelbesteuerung entsteht typischerweise, wenn eine Person oder ein Unternehmen in mehreren Staaten steuerliche Anknüpfungspunkte hat. Dies kann durch folgende Situationen entstehen:

  • Wohnsitz in einem Land und Einkommensquelle in einem anderen Land
  • Wohnsitze in mehreren Ländern gleichzeitig
  • Betriebsstätten oder Niederlassungen in verschiedenen Ländern
  • Vermögenswerte (z.B. Immobilien) in verschiedenen Ländern
Person zwischen zwei Ländern mit Steuersymbolen, die das Problem der Doppelbesteuerung visualisiert

Typische Situation einer drohenden Doppelbesteuerung

Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht

Für das Verständnis von Doppelbesteuerungsabkommen ist die Unterscheidung zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht grundlegend:

Unbeschränkte Steuerpflicht

Entsteht durch Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Land. Führt zur Besteuerung des gesamten Welteinkommens (Welteinkommensprinzip).

Beschränkte Steuerpflicht

Betrifft Personen ohne Wohnsitz im Inland, die aber inländische Einkünfte erzielen. Nur diese inländischen Einkünfte werden besteuert (Territorialitätsprinzip).

Prinzipien der Doppelbesteuerungsabkommen

Doppelbesteuerungsabkommen folgen bestimmten Grundprinzipien, die international anerkannt sind. Die meisten DBAs orientieren sich am Musterabkommen der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

Das OECD-Musterabkommen

Das OECD-Musterabkommen dient als Vorlage für die meisten Doppelbesteuerungsabkommen weltweit. Es enthält standardisierte Regelungen zu verschiedenen Einkunftsarten und definiert, welcher Staat das Besteuerungsrecht hat. Obwohl jedes DBA individuell zwischen den Vertragsstaaten ausgehandelt wird, folgen die meisten Abkommen dieser Grundstruktur.

OECD-Musterabkommen Dokument mit Artikeln zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

OECD-Musterabkommen als Grundlage für bilaterale Steuerabkommen

Wichtige Begriffe im DBA-Kontext

Begriff Bedeutung
Ansässigkeitsstaat Der Staat, in dem eine Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat
Quellenstaat Der Staat, aus dem die Einkünfte stammen
Betriebsstätte Feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird
183-Tage-Regelung Regelung zur Bestimmung des Besteuerungsrechts bei Arbeitnehmern im Ausland
Progressionsvorbehalt Steuerfreie ausländische Einkünfte werden bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt

Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

In Doppelbesteuerungsabkommen werden hauptsächlich zwei Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung angewendet: die Freistellungsmethode und die Anrechnungsmethode.

Freistellungsmethode

Bei der Freistellungsmethode werden die Einkünfte nur in einem der beiden Vertragsstaaten besteuert. Der andere Staat stellt diese Einkünfte von der Besteuerung frei.

  • Einfache Handhabung
  • Vollständige Vermeidung der Doppelbesteuerung
  • Meist vorteilhaft für den Steuerpflichtigen

Allerdings gilt meist der Progressionsvorbehalt: Die freigestellten Einkünfte werden bei der Ermittlung des Steuersatzes für die übrigen Einkünfte berücksichtigt.

Anrechnungsmethode

Bei der Anrechnungsmethode werden die Einkünfte in beiden Staaten besteuert, aber die im Quellenstaat gezahlte Steuer wird auf die Steuer im Ansässigkeitsstaat angerechnet.

  • Verhindert doppelte Nichtbesteuerung
  • Komplexere Berechnung
  • Anrechnung meist auf die inländische Steuer begrenzt

Die Anrechnungsmethode kommt häufig bei Kapitalerträgen und Lizenzgebühren zur Anwendung.

Die Wahl zwischen Freistellungs- und Anrechnungsmethode kann erhebliche Auswirkungen auf die Steuerbelastung haben. Eine professionelle Beratung ist daher empfehlenswert.

Praktische Beispiele zur Anwendung von DBAs

Um die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen besser zu verstehen, betrachten wir einige typische Szenarien:

Beispiel 1: Arbeitnehmer im Ausland (183-Tage-Regelung)

Szenario: Ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer wird für 5 Monate zu einem Projekt nach Österreich entsandt. Sein Gehalt wird weiterhin von seinem deutschen Arbeitgeber gezahlt.

DBA-Regelung: Nach dem DBA zwischen Deutschland und Österreich hat Deutschland als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht, solange der Arbeitnehmer sich weniger als 183 Tage im Jahr in Österreich aufhält und das Gehalt nicht von einem österreichischen Arbeitgeber oder einer österreichischen Betriebsstätte getragen wird.

Ergebnis: Das Gehalt wird nur in Deutschland besteuert.

Beispiel 2: Vermietungseinkünfte aus dem Ausland

Szenario: Eine in Deutschland ansässige Person besitzt eine Ferienwohnung in Spanien, die sie vermietet.

DBA-Regelung: Nach dem DBA zwischen Deutschland und Spanien hat Spanien als Belegenheitsstaat der Immobilie das Besteuerungsrecht für die Vermietungseinkünfte.

Ergebnis: Die Einkünfte werden in Spanien besteuert. In Deutschland werden sie von der Besteuerung freigestellt, unterliegen aber dem Progressionsvorbehalt.

Beispiel 3: Dividenden aus ausländischer Beteiligung

Szenario: Ein in Deutschland ansässiger Investor erhält Dividenden aus einer Beteiligung an einer US-amerikanischen Gesellschaft.

DBA-Regelung: Nach dem DBA zwischen Deutschland und den USA darf der Quellenstaat (USA) eine begrenzte Quellensteuer erheben (meist 15%), während der Ansässigkeitsstaat (Deutschland) ebenfalls besteuert, aber die in den USA gezahlte Steuer anrechnet.

Ergebnis: Die Dividenden werden in beiden Ländern besteuert, aber die US-Steuer wird auf die deutsche Steuer angerechnet.

Sonderfälle und spezielle Regelungen

Neben den allgemeinen Regelungen enthalten Doppelbesteuerungsabkommen auch Sonderregelungen für bestimmte Personengruppen und Wirtschaftszweige.

Luftfahrt- und Schifffahrtsunternehmen

Für Luftfahrt- und Schifffahrtsunternehmen gelten besondere Regelungen in den Doppelbesteuerungsabkommen. Gewinne aus dem Betrieb von Schiffen oder Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr werden in der Regel nur in dem Staat besteuert, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

Grenzgänger

Für Grenzgänger, die täglich zwischen ihrem Wohnort in einem Land und ihrem Arbeitsort in einem anderen Land pendeln, gibt es in einigen DBAs spezielle Regelungen. Diese können von der allgemeinen 183-Tage-Regelung abweichen und besondere Besteuerungsrechte vorsehen.

Öffentlicher Dienst

Gehälter und ähnliche Vergütungen, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft geleisteten Dienste gezahlt werden, werden in der Regel nur in diesem Staat besteuert (Kassenstaatsprinzip).

Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Doppelbesteuerung

Das internationale Steuerrecht und die Doppelbesteuerungsabkommen unterliegen ständigen Veränderungen, insbesondere im Kontext der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung.

Internationale Zusammenarbeit gegen Steuerhinterziehung im Kontext von Doppelbesteuerungsabkommen

Internationale Zusammenarbeit gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung

BEPS-Initiative der OECD

Die BEPS-Initiative (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD zielt darauf ab, Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen multinationaler Unternehmen zu bekämpfen. Dies hat zu Änderungen in vielen Doppelbesteuerungsabkommen geführt, um Steuervermeidungsstrategien zu unterbinden.

Multilaterales Instrument (MLI)

Das Multilaterale Instrument (MLI) ermöglicht die gleichzeitige Änderung zahlreicher bilateraler Steuerabkommen, ohne dass jedes einzelne Abkommen neu verhandelt werden muss. Dies beschleunigt die Umsetzung von Maßnahmen gegen Steuervermeidung erheblich.

Automatischer Informationsaustausch

Der automatische Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden verschiedener Länder hat die Transparenz im internationalen Steuerrecht deutlich erhöht. Dies erschwert die Verheimlichung von Vermögen und Einkünften im Ausland.

Praktische Tipps zur Vermeidung von Doppelbesteuerung

Um von den Vorteilen der Doppelbesteuerungsabkommen zu profitieren und Doppelbesteuerung zu vermeiden, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Prüfen Sie, ob ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den betroffenen Staaten besteht
  • Klären Sie Ihren steuerlichen Status (unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig) in den beteiligten Ländern
  • Dokumentieren Sie Ihre Aufenthaltszeiten im Ausland sorgfältig (besonders wichtig für die 183-Tage-Regelung)
  • Beantragen Sie eine Ansässigkeitsbescheinigung bei Ihrem Wohnsitzfinanzamt
  • Bewahren Sie Nachweise über im Ausland gezahlte Steuern auf (für die Anrechnungsmethode)
  • Beachten Sie Fristen für Steueranmeldungen und -erklärungen in allen beteiligten Ländern
  • Ziehen Sie bei komplexen Fällen einen Steuerberater mit Expertise im internationalen Steuerrecht hinzu

Wichtig: Um die Vorteile eines Doppelbesteuerungsabkommens in Anspruch nehmen zu können, müssen Sie in der Regel nachweisen, dass die betreffenden Einkünfte im anderen Staat tatsächlich besteuert wurden. Hierfür dient in der Regel der ausländische Steuerbescheid.

Häufig gestellte Fragen zu Doppelbesteuerungsabkommen

Was passiert, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht?

Wenn zwischen den betroffenen Staaten kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, greifen die nationalen Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. In Deutschland können ausländische Steuern nach § 34c EStG auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden, allerdings nur bis zur Höhe der deutschen Steuer, die auf die ausländischen Einkünfte entfällt.

Wie wird der Ansässigkeitsstaat bestimmt, wenn ich in beiden Ländern einen Wohnsitz habe?

Wenn Sie in beiden Vertragsstaaten einen Wohnsitz haben, wird die Ansässigkeit nach folgender Hierarchie bestimmt:

  1. Mittelpunkt der Lebensinteressen (persönliche und wirtschaftliche Beziehungen)
  2. Gewöhnlicher Aufenthalt
  3. Staatsangehörigkeit
  4. Verständigungsverfahren zwischen den Behörden beider Staaten

Gelten Doppelbesteuerungsabkommen auch für die Erbschaftsteuer?

Die meisten Doppelbesteuerungsabkommen beziehen sich nur auf die Einkommens- und Vermögensbesteuerung. Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer gibt es separate Abkommen, die Deutschland allerdings nur mit wenigen Staaten abgeschlossen hat. Bei grenzüberschreitenden Erbschaften und Schenkungen ist daher besondere Vorsicht geboten.

Wie funktioniert der Progressionsvorbehalt?

Beim Progressionsvorbehalt werden die nach einem DBA steuerfreien ausländischen Einkünfte zwar nicht direkt besteuert, aber bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt, der auf die in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte angewendet wird. Dies kann zu einem höheren Steuersatz führen, wenn Sie neben den ausländischen auch inländische Einkünfte haben.

Wie werden Einkünfte aus der digitalen Wirtschaft in DBAs behandelt?

Die Besteuerung von Einkünften aus der digitalen Wirtschaft stellt eine Herausforderung für das internationale Steuerrecht dar, da traditionelle Konzepte wie die physische Betriebsstätte oft nicht greifen. Die OECD arbeitet an neuen Regelungen, um eine faire Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle zu gewährleisten. Einige Länder haben bereits unilaterale Digitalsteuern eingeführt.

Fazit: Die Bedeutung von Doppelbesteuerungsabkommen

Doppelbesteuerungsabkommen spielen eine entscheidende Rolle in der internationalen Steuerplanung. Sie schaffen Rechtssicherheit, vermeiden wirtschaftliche Doppelbelastungen und fördern den internationalen Handel und Investitionen. Gleichzeitig dienen sie der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung durch Regelungen zum Informationsaustausch.

Aufgrund der Komplexität des internationalen Steuerrechts und der Unterschiede zwischen den einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen ist eine professionelle Beratung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten dringend zu empfehlen. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie die Vorteile der Doppelbesteuerungsabkommen optimal nutzen und gleichzeitig alle steuerlichen Verpflichtungen erfüllen.

Handschlag zwischen Geschäftsleuten aus verschiedenen Ländern, symbolisiert internationale Zusammenarbeit durch Doppelbesteuerungsabkommen

Doppelbesteuerungsabkommen fördern internationale Geschäftsbeziehungen

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