Oracle-Crash: 70 Mrd. $ Börsenwert weg – wenn der KI-Boom auf Rekordschulden trifft

Oracle ist ein gutes Beispiel dafür, wie brutal der Markt auf „AI auf Pump“ reagiert: trotz stark wachsender Cloud‑Aufträge wird die Aktie abgestraft, weil Cashflow und Schulden eskalieren.

Was im Quartal passiert ist

  • Die Aktie fiel nach den Zahlen intraday um etwa 14–16%, womit rund 70 Mrd. Dollar Börsenwert in wenigen Stunden vernichtet wurden.
  • Umsatz: ca. 16 Mrd. Dollar, +14% YoY, aber unter Analystenschätzungen; Cloud‑Infrastruktur wuchs zwar rund 60–70%, jedoch ebenfalls schwächer als erhofft.
  • Das Ergebnis je Aktie wurde optisch von einem einmaligen Ampere‑Verkauf (ca. 2,7 Mrd. Dollar) aufgehübscht; operativ bleibt das Geschäft klar vom massiven Investitionszyklus geprägt.

Gleichzeitig schoss der geplante Capex für 2026 von rund 35 auf 50 Mrd. Dollar hoch – vor allem für Rechenzentren und AI‑Infrastruktur für Großkunden wie OpenAI, Meta und Nvidia.

AI-Boom, aber auf Rekordschulden gebaut

  • Oracle hat Remaining Performance Obligations (RPO) aus Cloud‑ und AI‑Verträgen von etwa 523 Mrd. Dollar gemeldet – +438% gegenüber dem Vorjahr. Das klingt nach sicherem künftigen Umsatz.
  • Problem: Die Infrastruktur wird heute gebaut, das Geld fließt aber gestreckt über viele Jahre; kurzfristig muss Oracle den Capex über den eigenen Balance Sheet und den Bondmarkt vorfinanzieren.

Die Folge:

  • Quartals‑Free‑Cashflow rund –10 Mrd. Dollar, der dritte Quartalsverlust beim FCF in Folge.
  • Langfristiger Schuldenstand ist binnen 12 Monaten um rund 25% auf knapp 100 Mrd. Dollar gestiegen; mit neuen Anleihen und Leasingverbindlichkeiten taxieren Analysten die Bruttoverschuldung inzwischen in der Zone 100–112 Mrd. Dollar.
  • Moody’s hat den Ausblick von „stabil“ auf „negativ“ gesenkt und warnt, dass die Nettoverschuldung ein Vielfaches des EBITDA erreichen und der freie Cashflow „über längere Zeiträume“ negativ bleiben dürfte.

Analysten sprechen deshalb vom „Projektfinanzierungs‑Charakter“: Oracle agiert mehr wie ein Versorger, der ein riesiges Kraftwerksnetz baut, als wie ein klassischer Softwarekonzern mit asset‑light‑Modell.

Warum der Markt so nervös reagiert

Mehrere Punkte treffen gleichzeitig einen wunden Punkt in der aktuellen AI‑Story:

  • Unit Economics fraglich: Schätzungen zufolge liegen die Margen der Oracle‑Cloud deutlich unter denen von AWS und Azure, während Capex‑/Umsatz‑Quoten teils über 100% liegen (vs. 30–40% bei Hyperscalern).
  • Timing-Risiko: Der AI‑Backlog ist gigantisch, aber niemand weiß, ob alle diese Verpflichtungen in der geplanten Höhe und Geschwindigkeit realisiert werden – Moody’s weist explizit auf Gegenparteirisiken, etwa bei OpenAI, hin.
  • Zinsumfeld: Das ganze Modell hängt an einem nervösen Bondmarkt. Steigende Renditen oder sinkende Risikobereitschaft könnten Refinanzierung deutlich teurer machen.

Die Reaktion an der Börse – Kurssturz um 14–16% an einem Tag und rund –45% vom Hoch seit September – wird von vielen Kommentatoren als Warnsignal interpretiert, dass der AI‑Infra‑Boom seine „harte Grenze“ bei Physik und Finanzierung erreicht.

Was das für AI-Investments insgesamt bedeutet

  • Infrastruktur‑Wetten (GPU‑Clouds, Rechenzentren, Glasfaser) sind extrem kapitalintensiv; nur wenige Player können das dauerhaft aus der Bilanz stemmen. Oracle zeigt, wie dünn die Luft wird, wenn Margen und Cashflow nicht schnell genug nachziehen.
  • Für kleinere Anbieter ohne Investment‑Grade‑Rating ist die Lage noch heikler – wenn schon Oracle für AI‑Capex massiv Schulden häuft und negative FCF akzeptiert, sind viele kleinere „AI‑Infra‑Stories“ möglicherweise noch verletzlicher.

Für dich als Investor heißt das:

  • Bei AI‑Infra‑Aktien nicht nur auf Umsatz‑ und Backlog‑Wachstum schauen, sondern hart auf Verschuldung, Capex‑Pfad, FCF und Rating achten.
  • Hype‑Phasen nutzen, um zu rotieren: aus „AI auf Pump“ eher raus, in Geschäftsmodelle mit klarer Profitabilität, Pricing‑Power oder asset‑light‑Charakter eher rein.

Wenn du möchtest, kann der nächste Schritt sein, konkrete Kriterien zu definieren, wie du AI‑Werte (Oracle, Hyperscaler, Chip‑Konzerne, kleinere Cloud‑Player) nach Finanzqualität filterst und in deinem Portfolio gewichtest.

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