| |

Fitch setzt Euroclear wegen eingefrorener Russland-Guthaben unter Druck

Fitch warnt: Die geplante Nutzung eingefrorener russischer Zentralbankguthaben für einen Ukraine-Kredit könnte für den belgischen Abwicklungsriesen Euroclear zum Ratingproblem werden. Die Agentur hat die langfristigen „Issuer Default Ratings“ von Euroclear Bank und Euroclear Holding (AA) auf „Rating Watch Negative“ gesetzt und damit unter Beobachtung mit Negativtendenz gestellt.

Warum Fitch Euroclear unter Druck setzt

Fitch begründet den Schritt mit erhöhten Liquiditäts- und Rechtsrisiken, die aus den EU-Plänen entstehen, Erträge aus den eingefrorenen Russland-Reserven in einen Reparationskredit für Kiew zu lenken. Konkret geht es um rund 210 Milliarden Euro russischer Zentralbankaktiva, die in der EU – ein Großteil davon bei Euroclear in Belgien – blockiert sind und künftig als Sicherheit für zinslose Darlehen an die Ukraine dienen sollen.

Die Agentur warnt, es gebe zwar weiterhin nur eine „niedrige, aber gestiegene“ Wahrscheinlichkeit, dass unzureichende Schutzmechanismen zu Fristigkeitslücken in der Bilanz von Euroclear führen könnten, falls Ansprüche der russischen Zentralbank plötzlich fällig würden. Im Basisszenario geht Fitch jedoch davon aus, dass die EU umfassende Haftungs- und Liquiditätsschutz-Regeln einzieht, sodass das AA-Rating gehalten werden kann.

Politische und juristische Risiken der Reparationskredit-Idee

Die Europäische Kommission arbeitet an einem Modell, nach dem die Erträge aus den eingefrorenen russischen Vermögenswerten in einen speziellen Kreditmechanismus für die Ukraine fließen, der erst dann zurückgezahlt würde, wenn Russland formell Reparationszahlungen leistet. Dieser Ansatz gilt in Brüssel als politisch attraktiv, ist aber rechtlich Neuland – genau diese „beispiellose“ Konstruktion sorgt bei Juristen, Mitgliedstaaten und nun auch bei Ratingagenturen für Bauchschmerzen.

Mehrere EU-Länder, darunter Belgien, Italien, Bulgarien, Malta, Tschechien, Ungarn und die Slowakei, bremsen die Pläne und verweisen auf rechtliche Unsicherheiten und mögliche Gegenklagen. Parallel dazu hat die EU am 12. Dezember die russischen Aktiva auf unbestimmte Zeit eingefroren, während Moskau jeden Zugriff als „Diebstahl“ bezeichnet und mit Reaktionen droht.

Klage des russischen Zentralbank gegen Euroclear

Der Druck auf Euroclear kommt nicht nur aus Brüssel, sondern auch aus Moskau. Die russische Zentralbank hat beim Arbitragegericht in Moskau Klage gegen das Institut eingereicht; der Streitwert liegt laut DW über 18 Billionen Rubel, was einem behaupteten Schaden von gut 200 Milliarden Euro entspricht (einschließlich entgangener Erträge).

Russland argumentiert, bei den blockierten Guthaben handle es sich um föderales Eigentum, an dem Euroclear durch die Umsetzung der EU-Sanktionen rechtswidrig gehandelt und gegen die öffentliche Ordnung verstoßen habe. Welche praktische Wirkung ein russisches Urteil gegen ein in der EU reguliertes Institut entfalten könnte, ist zwar fraglich – die Klage unterstreicht aber das juristische Eskalationspotenzial der gesamten Konstruktion.

Wie es mit dem Rating weitergehen könnte

Fitch will die Beobachtung beenden, sobald klarer ist, wie die EU den geplanten Reparationskredit konkret rechtlich aufsetzt und welche Schutzmechanismen für Euroclear vorgesehen sind. Bleibt es bei soliden Garantie- und Haftungsregeln, könnte das aktuelle AA-Niveau bestehen bleiben; sollten sich jedoch die Rechts- und Liquiditätsrisiken als höher erweisen als erwartet, wäre eine Herabstufung möglich.

Für die EU ist die Angelegenheit doppelt sensibel: Einerseits will sie die Ukraine langfristig finanzieren und gleichzeitig Russland zur Kasse bitten, andererseits darf sie zentrale Marktinfrastrukturen wie Euroclear nicht in eine Vertrauenskrise treiben. Jede Verschlechterung des Ratings eines so systemrelevanten Akteurs würde in Brüssel und an den Finanzmärkten als Warnsignal verstanden werden.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.